«Going Circular Economy»
Autor: Nicolai Diamant
Der Design Preis Schweiz lanciert dieses Jahr die neue Preiskategorie «Going Circular Economy», um Unternehmen, Projekte und Produkte auszuzeichnen, die dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft (englisch: Circular Economy) entsprechen und einen Lösungsbeitrag hin zu einer zirkulären Wirtschaft liefern. Circular Economy Switzerland (CES) – eine Organisation, ein Netzwerk und letztlich eine Bewegung für eine neue, schweizweite Kreislaufwirtschaft – unterstützt den Design Preis Schweiz als Kooperationspartner und Nominator bei der neuen Preiskategorie.
In unserem heutigen linearen Wirtschaftsmodell dominiert das Prinzip von «take-make-waste». Es werden also Rohstoffe abgebaut (take), um daraus Produkte herzustellen (make), die wir verkaufen, konsumieren und am Ende wegwerfen (waste). Dieses Prinzip führt zu Rohstoffverknappungen, Abfall und Umweltbelastungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Auch die Schweizer Bevölkerung trägt mit ihrem hohen Ressourcenverbrauch pro Kopf dazu bei und zählt – trotz der Tatsache, dass wir laut BAFU (2020) rund 50% unseres Abfalls rezyklieren – zu den grössten Verbraucher- und Abfallproduktionsnationen der Welt.
Eine nachhaltigere Zukunftsperspektive bietet die Kreislaufwirtschaft: Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Gestaltung eines Systems, in dem Ressourcen so effizient wie möglich in so geschlossenen Kreisläufen wie möglich wieder und wieder genutzt werden. Ressourcen werden somit nicht weggeworfen, sondern prioritär im Kreislauf gehalten, um ihren Wert zu erhalten und ihr Potenzial maximal auszuschöpfen. Im Gegensatz zum linearen Wirtschaftssystem werden in einer Kreislaufwirtschaft Ressourcenverbrauch, Abfälle, Emissionen und Energieverluste minimiert. Material- und Energiekreisläufe werden dabei auf drei Arten verändert:
- Schliessung der Material- und Energiekreisläufe, beispielsweise durch Kaskadennutzung, Wiederverwertung, Aufbereitung und Recycling.
- Verlangsamung der Material- und Energiekreisläufe, beispielsweise durch Verlängerung der Produktlebensdauer mithilfe eines langlebigen Designs, durch Reparatur und Wartung sowie durch entsprechend ausgestaltete Geschäftsmodelle, welche die Nutzung anstelle von Besitz in den Vordergrund stellen.
- Verkleinerung der Material- und Energiekreisläufe, beispielsweise durch Effizienzsteigerungen und durch Einsparungen sowie bevorzugte Nutzung erneuerbarer Rohstoffe und Energiequellen.
Dabei betrachtet man den gesamten Kreislauf der Wertschöpfung – von der Rohstoffgewinnung über das Design, die Produktion, den Vertrieb bis hin zur Nutzung und zum Recycling für die erneute Rohstoffgewinnung.
Ein bekanntes Beispiel für Kreislauffähiges Produktdesign ist das Fairphone: Das Smartphone aus recycelten und fairen Materialien ist modular designt, so dass einzelne Teile mühelos ersetzt oder aufgerüstet werden können – und zwar vom Nutzenden bzw. Konsumierenden selbst. Statt sich also im Durchschnitt alle zwei Jahre ein neues Smartphone zu kaufen, kann das Fairphone mit einem neuen Display, einem frischen Akku oder einer besseren Kamera aufgerüstet werden. Weitere Beispiele aus der Schweiz finden sich beispielsweise bei Circular Economy Switzerland (CES), bei Circular Hub, oder bei Circular.Plus.
Das «Butterfly»-Modell: Der biologische und der technische Kreislauf
Die Grundprinzipien der Kreislaufwirtschaft illustriert das «Butterfly»-Modell der Ellen MacArthur Foundation. Das «Butterfly»-Modell veranschaulicht den kontinuierlichen Fluss von technischen und biologischen Materialien durch die Wertschöpfungskette. Eine wichtige Grundvoraussetzung ist, dass in einer Kreislaufwirtschaft die Energie für sämtliche Prozesse prioritär aus erneuerbaren Energien eingesetzt wird – nur so ist das System nachhaltig. Um Produkte, Ressourcen und Materialien möglichst im Kreislauf zu halten, werden unterschiedliche Strategien genutzt, um Kreisläufe zu verlangsamen, zu verkleinern und zu schliessen, damit möglichst wenig Primärressourcen benötigt und möglichst wenig «Waste» generiert wird.
Das Modell unterscheidet zwischen dem biologischen (links) und technischen (rechts) Kreislauf: Im biologischen Kreislauf können biologisch abbaubare und ökologisch unbedenkliche Materialien sicher in die Biosphäre zurückgegeben werden, oder sie werden zu Biokraftstoffen verarbeitet; Dies dient der Wiederherstellung der Biosphäre. Materialien im technischen Kreislauf (z.B. Plastik, Metalle und synthetische Materialien) können nicht in die Biosphäre zurückgebracht werden, deshalb sollte der Wert dieser Materialien wieder und wieder zurückgewonnen werden. Dabei kommen verschiedene Strategien zum Einsatz: die Verlängerung des Produktlebenszyklus (Maintenance/Repair), die Wiederverwertung (Reuse, Redistribute), die Aufbereitung (Refurbish, Remanufacture) und – in allerletzter Konsequenz – das Recycling.
Circular Economy Switzerland – Treiber der Bewegung für Kreislaufwirtschaft in der Schweiz
Kreislaufwirtschaft ist ein gesamtheitliches System – eine umfassende, innovative Denkweise, die Ressourcen schont, die Wirtschaft langfristig widerstandsfähiger macht, wirtschaftliche Opportunitäten schafft sowie ökologische und gesellschaftliche Vorteile mit sich bringt. Dieses Ziel bedarf einer gemeinsamen Ambition sowie neuer Formen der Zusammenarbeit und auch Denkweisen aller Akteure.
Hier kommt Circular Economy Switzerland (CES) ins Spiel: Die Organisation hat es sich zur primären Mission gemacht, der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz Schub zu verleihen, einen Markt für kreislaufwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen zu schaffen und die Öffentlichkeit und die Wirtschaft für das Thema Kreislaufwirtschaft zu sensibilisieren. Circular Economy Switzerland ist somit Impulsgeber für eine neue, schweizweite Bewegung für Kreislaufwirtschaft und versteht sich dabei als Koordinations- und Austauschplattform.
Die neue Kategorie «Going Circular Economy»
Der Design Preis Schweiz ist ebenfalls Teil des Netzwerks und setzt mit seiner Auszeichnungskategorie «Going Circular Economy» ein Signal zur Förderung kreislauffähigen Designs als integraler Bestandteil einer zirkulären Wertschöpfungskette. CES hat den Design Preis Schweiz bei der Erstellung der Bewertungskriterien für diese Preiskategorie unterstützt und bringt seine Expertise zum Thema Kreislaufwirtschaft sowie ein grosses Netzwerk mit. Zentral in der Partnerschaft sind dabei drei Punkte: Wir wollen gemeinsam zeigen, dass wir auf dem Weg in Richtung einer kreislauffähigen Wirtschaft in der Schweiz sind. Zweitens wollen wir den Mut derjenigen ehren, die unsere Produktions- und Konsummuster neu zu denken wagen. Und drittens wollen wir damit kreative Lösungsansätze und die Verantwortung fördern, unsere Wirtschaft und Gesellschaft sowohl national als auch international nachhaltiger zu gestalten, in Einklang mit den planetaren Grenzen.